VOM SPORTLER ZUM GRAVELBIKE-VERSTEHER

 

Georg Preisinger lässt mit seinen Crossrädern die Herzen der Overroadfans höherschlagen

 

 

Gravel ist das neue Offroad. Wie bitte?

 

Die Zeiten, in aller Lässigkeit über Stock und Stein und losem Geäst zu radeln, sind mit dem Gravelbike endgültig vorbei. Die geländegängigen Rennräder sollen den Schotter (Gravel) richtig aufwühlen. Und wer genau hinschaut, erkennt in ihnen CX-Räder, die für den Ausdauersport konzipiert wurden. Die Erfinder dieser Modelle haben dabei den Allrounder im Blick gehabt. Die Bandbreite und die Individualität der Räder gehen dabei ebenso weit auseinander wie das spontan geplante Vorhaben. 

 

Während manche den Komfort mit Bikepacking kombinieren, nutzen andere das Rad als Verkehrsmittel zur Arbeit oder als Gefährt zum Mountainbiken. Dass es als Ersatz fürs gewöhnliche Rennrad dient, ist dabei ein bedeutendes Argument für den Erfolg von Gravelbikes. Denn das Radeln abseits befestigter aber hochfrequentierter Autostraßen, ist für viele eine Erlösung. Dabei muss es kein Nachteil sein, damit auch manches CX-oder Straßenrennen zu gewinnen. Formen und Farben aktueller Modelle aber mögen für viele der Hauptgrund sein, umzusteigen.

 

Das Zauberwort heißt Vielseitigkeit.

Und der Meister nennt sich Georg Preisinger.



Ein Meister der Radrennkunst

Preisinger ist Spezialist auf dem Gebiet. Mit seinen mehr als 35 Jahren aktiver Erfahrung im Radsport kennt er die Kniffe beim Design sportlicher Räder. Am Ende seiner rund 600 Rennen in der Straßen-MTB und Cyclocross-Szene, baute er in den 90er das Ghost Racingteam auf. Als Coach mit B-Trainer-Schein arbeitete er zeitweise als Honorartrainer für den BRV. Seit zehn Jahren leitet er nun das Gunsha-KMC CX-/Gravelteam. Dass Gravel schon längst bei den Profis angekommen ist, zeigt ein Blick in den Tourenkalender Preisingers.

 

Schon seit Ende der 90er Jahren spult er weltweit Kilometer auf seinen Graveltouren runter. Ob er dabei rund 1500 Kilometer die Sahara befährt, die Tour de Ethiopia bewältigt oder aber Kenia, die Türkei, Ägypten, Laos, Vietnam, Thailand, Südindien, Neuseeland, Australien, Marokko, Argentinien, Chile, et cetera durchradelt, eine bessere Werbung für das Gravelbike ist kaum möglich. Durch die vielen Touren und eben der Vielseitigkeit des Radsports, war es für ihn ein besonderes Anliegen, ein Rad für diese Herausforderungen zu konstruieren.

 

Das ATR markiert die Geburtsstunde des Gravelns

Schon 2007 entwickelte Preisinger das erste Fahrradrad für den Schottereinsatz - das ATR. Man kann also mit absoluter Bestimmtheit sagen, dass er als Pionier und Vorreiter die Gravel-Szene maßgeblich beeinflusst hat. „Anfangs musste ich jedem erklären, warum zwei, drei Räder mitnehmen, wenn sich die Tour auch mit einem Rad bewältigen lässt“, erzählt er uns im Gespräch. Es war die Zeit der ersten Gravel -, Cyclocross- und Roadbikes. Heute besteht das ATR 3.0 in der fünften Serie viele Rennen. Durch technische Weiterentwicklungen, bei gleichbleibender Geometrie, konnten viele Kunden national und international zahlreiche Titel auf der Straße, der Bahn und im CX einfahren. Auch ein Europameistertitel verdankt seinen Erfolg Preisingers „Gunshas“. Die Konstruktion des Gunsha SLX war dabei entscheidend, wie ein Blick ins Detail verrät.

 



Extrem leicht fürs schwere Gelände

So wurde beispielsweise die Gabel in Monocoque-Bauweise, also aus einem Stück gefertigt. Die Konstrukteure erreichen damit eine hohe Stabilität bei geringem Gewicht. Auch beim Rahmen galt das Gewicht sparen als Paradedisziplin. Das in Trible Butted Alu 7005 gefertigte Gestell wiegt knapp 1350 Gramm (raw finish). An dieser Stelle betont Preisinger aber, dass das Gewicht nicht die entscheidende Rolle spielt. Die Gesamtkonstruktion steht im Mittelpunkt. Auch deshalb sind Flatmount-Bremsen vorne wie hinten Standard. Das ATR 3.0 besitzt im Verhältnis zu manch anderem Gravelbike einen kurzen Radstand. Die Hinterbaulänge beträgt 42,5 cm. Damit lässt sich das Rad sportlich fahren.

 

Allerdings können keine MTB Reifen mit einer Größe 1,7 Zoll eingebaut werden. Es sei denn man fährt 650 B Reifen. Zulässig sind Reifen bis 41 mm Breite. Dafür kann jedoch ein 46er Monokettenblatt montiert werden. Bei den Laufrädern orientiert Preisinger sich ganz nach Kundenwunsch und deren besonderen Ansprüchen. In Petto hat er dafür eine Vielzahl an Tubeless Ready LRS in Carbon und Alu. Auch können je nach Belieben die Übersetzung der Kurbel und der Kassette festgelegt werden. Ein weiteres Indiz für die nachhaltige Qualität ist die Beratung, die sich nicht nur um die Rahmengröße und Sitzhöhe kümmert. Wer sich ein Gravelbike für alle Anwendungen zulegt, muss es in allen Belangen passend einstellen.

 



Text: Andreas Burkert   

 

Fotos: © Hummer,  ©Stefan Heinz